Germany, Hamburg: Rainer R. Schoppe
Wenn ich mich so betrachte, in meiner selbst gemachten Fulltime-Häuslichkeit, wird mir bewusst – hey, wie langsam geht deine Uhr gerade, wie reduziert und gleichzeitig konzentriert gehst du die Dinge an. Alles was ich denke und tue, steht mehr im Fokus meiner eigenen Aufmerksamkeit, hinterfrage ich mehr. Wie viel Fremdbestimmung war vor Corona um mich, die auf ein Mindestmaß gesunken ist? …
… Wie reduziert sind meine Bedürfnisse, die ich jetzt noch verspüre? Wie viel Zeit habe ich plötzlich, um mich zu schauen, mich zu fragen, was ist es wirklich, was mich ausmacht? Ich entdecke mich in gewissem Maße neu. Und eines davon ist, dass ich mich dabei ertappe, mein Adressbuch, symbolisch formuliert, „alphabetisch durchzugehen“, wen ich lange nicht mehr gesprochen, mich nicht wirklich gewidmet habe. Selbst ferne Verwandte sind darunter und Freunde längst vergangener Zeiten, bei denen ich mir immer mal wieder zwischendurch vornahm „…Menschenskind, den musst du auch mal wieder anrufen.“ Und so gab und gibt es – ich möchte nicht sagen „dank Corona“, aber doch wegen der Pandemie – Gespräche mit Menschen, die ich, mit ihrer Denk- und Lebensweise so lange nicht mehr oder vorher noch nie wahrgenommen habe. Habe ich bislang so oberflächlich gelebt, war mir das alles bis jetzt egal, war ich so fremdbestimmt, dass mir mein Leben dafür keinen Raum und keine Zeit gab? Bin ich da alleine mit solchen Gedanken? Ich glaube, nicht. Und die Gründe dafür, dass es so weit kam, sind so vielfältig wie es Menschen gibt. Das kann jeder für sich hinterfragen. Für mich ist es das, die wieder verstärkte Erkenntnis, ein Mensch unter Menschen zu sein, wenig isoliert, mehr zugewandt zu sein, was ich mitnehme, für die Zeit „danach“, auf die ich mich zu freuen wage…